Die „Münchehöfe“ bei Siptenfelde – alte und neue Forschungen

 

Im Rahmen meiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger beschäftigte ich mich in den letzten Jahren intensiv mit der weiteren Erforschung der „Münchehöfe“ und des Umfeldes von Siptenfelde.

Abb. 1 Lage und Projektübersicht

 

Im Uhlenbachtal, etwa 1,8 km nördlich von Siptenfelde (Abb. 1 und 2), einem Ortsteil der Stadt Harzgerode, liegen die spärlichen Reste einer befestigten mittelalterlichen Anlage. Die Anlage, dessen Ruinen 1888 durch Friedrich Maurer ausgegraben wurden, liegt teilweise im Gelände des Forsthauses Uhlenstein sowie im angrenzenden Wald und auf der benachbarten Wiese. Der Forstort trägt den Flurnamen „Münchehöfe“ und wird häufig im Zusammenhang mit der damaligen Ausgrabung als der ottonischen „Jagdhof“ Siptenfelde in der Forschung zur Regionalgeschichte des Unterharzes beschrieben. In dem Forsthaus befindet sich derzeit die Revierförsterei Harzgerode.

Abb. 2 Forsthaus Uhlenstein

 

Mit Hilfe einer Projektförderung durch die EnviaM/MITNETZ-STROM und der Harzsparkasse für ehrenamtliche Tätigkeit konnte im Jahre 2014 die Erforschung dieser Anlage weiterbetrieben werden.

 

Unter fachlicher Aufsicht des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Halle (LDA) wurde das Gelände geophysikalisch untersucht. Aufbauend auf den Ergebnissen dieser Untersuchung konnte dann auch noch eine Grabung durchgeführt werden.

 

Für beide Projekte übernahm der Anhaltische Förderverein für Naturkunde und Geschichte e.V. die Trägerschaft und für die Grabung zusätzlich die fachliche Dokumentation. Für die geophysikalische Prospektion konnte die Fa. Schweitzer GPI, Burgwedel gewonnen werden. Die Grabung wurde unterstützt durch den Hausmeisterservice Timler aus Siptenfelde und durch Mitarbeiter der MITNETZ-STROM (im Rahmen der Projektförderung). Die Vor- und Nachbereitung nicht mitgerechnet konnten wir für beide Untersuchungen mit 6-8 Leuten für 5 Tage in der Anlage arbeiten.

 

Grundlage für die Untersuchung war zunächst der Bericht des herzoglichen Baurates Friedrich Maurer über seine fast 130 Jahre zurückliegende Ausgrabung, er legte Reste der Anlage frei und fertigte den bekannten Grundriss mit der Beschreibung der Gebäudereste an.

 

Er vermutete, „die Reste einer bedeutenden Burg“ gefunden zu haben, den ottonischen „Jagdhof“ Siptenfelde. Der Aufenthalt Ottos I. ist im 10. Jh. mehrfach für Siptenfelde urkundlich belegt. Seitdem gibt es in der regionalhistorischen Forschung unterschiedliche Auffassungen zur Einordnung der Anlage.

 

Zur Vorbereitung der geophysikalischen Prospektion war es erforderlich, die ungefähre Lage der Anlage im Gelände festzustellen. Auf Grund der Gegebenheiten vor Ort war das nicht ganz einfach, da sich die Anlage in der Gesamtheit, bedingt durch die Bewaldung, der Bebauung und Topographie nicht überblicken lässt, zudem war man bis dato von einer falschen Größenangabe ausgegangen. Einen genaueren Aufschluss zur Lage der Anlage gab dann die Lidar-Laserscan Aufnahme des LDA.

 

In Abb. 1 wurde der alte Grundriss von Maurer in die moderne Karte eingearbeitet, erkennbar an den schwarz dargestellten Gebäudegrundrissen, etwas schwächer die umlaufende Mauer. Aufgrund dieser ungefähren Verortung kann man bei günstigen Bodenverhältnissen und wenig Bewuchs nun auch im nördlichen Bereich an einigen Stellen im Wald geringe Erhöhungen  erkennen, im westlichen Bereich auf der Wiese ist der im Laserscan gut erkennbare Verlauf des schwach profilierten Walles in der Natur nicht sichtbar.

 

Die Ergebnisse der Prospektion und der Grabung

 

Die geophysikalische Prospektion wurde dann am 8. und 9. Mai 2014 durchgeführt. Dabei wurden zwei Stellen innerhalb der Anlage untersucht. Die Ergebnisse werden detailliert beschrieben im Bericht von Christian Schweitzer (Christian Schweitzer, Archäologisches Forschungsprojekt Harzgerode Forsthaus Uhlenstein, Burgwedel 2014).

 

Zur Anwendung kam das Widerstandsmessverfahren, dabei wird der spezifische elektrische Widerstand des Erdbodens gemessen. Um überhaupt mit den Messgeräten arbeiten zu können musste der Waldboden vorher durch die Projekthelfer von toten Ästen und Gehölz beräumt werden.

 

Im Bereich des Gebäudes A, von Maurer als „das Wohnhaus (palas)“ bezeichnet, wurde eine Fläche von ca. 1300 m² untersucht, im Messbild bildeten sich Rechteckstrukturen in diesem Bereich ab und bestätigen im wesentlichen Maurers Grundriss und die Lage des Gebäudes, südlich und westlich davon fehlten untersuchungswürdige Strukturen.

 

Die zweite Untersuchungsfläche liegt im südlichen Bereich der Anlage, von Maurer als Gebäude D „zweifellos eine kleine, genau orientierte Kirche“ bezeichnet.

 

Die Messung präsentierte dort ein überraschendes Ergebnis, die Strukturen des ehemaligen Kirchengrundrisses waren nicht erkennbar, jedoch im unteren Bereich dieses Messbildes finden sich breite hochohmige Strukturen im Bereich des Walles, im Messbild abgebildet als breite dunkle streifenförmige Stellen.

 

Durch die Untersuchung wurden nun auch die tatsächlichen Größenverhältnisse der Anlage deutlich. Mit der in dem Plan von F. Maurer abgebildeten Skala von 0 bis 50 m wäre die Ausdehnung der trapezförmigen Anlage ca. 70 m mal 90 m, eine Vorstellung über die Größe der Anlage, wie sie sich auch in der gesamten Literatur verbreitet hat. Tatsächlich ist die Größe der Anlage mit 140 m mal 180 m doppelt so groß, und hat eine Fläche von ca. knapp 3 ha.

 

Basierend auf den Ergebnissen der Prospektion entstand dann Mitte des Jahres ein Folgeprojekt. Um der Frage weiter nachzugehen, ob bei den Münchehöfen wirklich der ottonische „Jagdhof“ gelegen haben könnte, wurde eine kleine Grabung im südlichen Bereich der Anlage geplant.

 

Die Grabung wurde vom 22. bis 24. Oktober 2014 durchgeführt. Am ersten Tag wurde mit Hilfe des Minibaggers ein Suchschnitt durch die Gräben im südlichen Bereich (Abb. 1) gemacht. Dabei ergaben sich keine Hinweise auf Befestigungsgräben. 

 

Am zweiten Tag stießen wir dann im südlichen Bereich der zweiten Messstelle am Gebäude D (Abb.1) im Bereich der Dunklen Stellen des Messbildes auf die Reste der Umfassungsmauer. Die Mauer konnte auf ca. 5 m Länge freigelegt werden. Es handelt sich um eine Zweischalenmauer ohne Mörtel, die ca. 0,10 m unter der heutigen Erdoberfläche liegt ist. Sie ist etwa 1,10 m breit (Abb. 5).

 

Die fachliche Betreuung und Dokumentation übernahm Ulrike Trebstein vom Anhaltischen Förderverein.

 

Am dritten Tag konnte dann noch ein Suchschnitt von Hand auf der nördlichen Seite (Abb. 1) der Anlage durchgeführt werden. An dieser Stelle fanden sich ebenfalls Reste der Umfassungsmauer. Deutlich erkennbar war neben der gleichen Breite auch die Ähnlichkeit der Bauform der beiden freigelegten Mauerabschnitte.

 

Hier zeigte sich dann wiederum die Dimension der Anlage, betrachtet man die Ausmaße der Umfassungsmauer mit einer Länge von ca. 640 m. Geht man von einer Mauerbreite von 1,10 m - 1,20 m aus und einer geschätzten Höhe von wenigstens 1,50 m aus, ergibt das ein Volumen (etwas gemindert gerechnet weil die Mauer sicher konisch war) von ca. 1000 m³ Steinen und Lehm.

 

Die wichtigsten Ergebnisse beider Untersuchungen, die neuen Erkenntnisse zur Größe der Anlage und zum Ausmaß der Umfassungsmauer, bringen nun zwar keine neuen Antworten auf die Frage zur Lage des ottonischen Jagdhofes Siptenfelde, regen aber zu weiteren Erforschung der Umgebung an, da fortgeführte Geländeuntersuchungen und weitere Auswertung von Quellen auch sukzessive neue Erkenntnisse zur mittelalterlichen Besiedlung der Umgebung bringen.

 

Eine ausführliche  Veröffentlichung der Ergebnisse beider Projekte ist in einer der nächsten Ausgaben der „Archäologie in Sachsen-Anhalt“ geplant.

 

Im Zusammenhang mit diesen Untersuchungen entstand dann das Vorhaben die Sal- und Amtsbücher des 17. und 18. Jh. des Amtes Harzgerode/Güntersberge und weitere regionalhistorische Quellen zu digitalisieren um diese für Auswertungen besser zugänglich zu machen. Mit einer weiteren Spende der Harzsparkasse und wiederum der Unterstützung durch den Anhaltische Förderverein für Naturkunde und Geschichte e.V. konnte das Vorhaben im Jahre 2015 umgesetzt werden.

 

Sozusagen als positives „Abfallprodukt“ dieses Projektes ensteht dieses Jahr noch eine neue Publikation zur Unterharzer Regionalgeschichte. Der Harzgeröder Historiker Dr. Karl-Heinz Börner nutzte neben seinen bisherigen Quellenrecherchen auch diese digitalisierten Dokumente zur Erarbeitung und Herausgabe eines weiteren Teiles der „Harzgeröder Hefte“  unter dem Arbeitstitel „Die Ämter Harzgerode und Güntersberge zwischen Reformation und 30jährigem Krieg“, der Erscheinungstermin ist für Mitte 2017 geplant.

 

 

Maik Hauf

 

Ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger Harzgerode

 

Abb. 3 Prospektion am Gebäude A (Palas)

Abb. 4 Grabungsteam beim Freilegen der Mauer

Abb. 5 Mauer im südlichen Bereich

Abb. 6 Mauer im nördlichen Bereich

© Anhaltischer Förderverein für Naturkunde und Geschichte e. V.